Jacoby-Bürgergilde Neumünster, seit 1578

Gildeveranstaltungen

Treffen der weißen Gilde

Das Vogelschießen

Ursprünge und kulturelle Herkunft

Die Ursprünge des heutigen Vogelschießens liegen weit zurück und entsprechen einem altgermanischen Brauchtum. Der Schuss nach dem damals lebendigen Vogel im Mai  war vermutlich ein religiöser Kult. Der Vogel war das Sinnbild für den Frühlingsgeist. Man glaubte, dass man durch den Verzehr des Vogels auch dessen ihm innewohnenden verjüngenden Kräfte in sich aufnahm. Erst mit dem Einfluss des Christentums wurde aus dem lebendigen ein hölzerner Vogel. Dieser Ursprung  des Vogelschießens war den Gildebrüdern der Jacoby-Bürgergilde nicht mehr bewusst, als sie das erste Mal auf den Vogel anlegten. Jedoch kann man die Vogelstange mit dem Maibaum vergleichen und den daran befestigten Vogel als Sinnbild für den Frühlingsgeist, so dass mit dem Vogelschießen zugleich symbolisch auch der Beginn der hellen Jahreszeit gefeiert wurde.

Die Generalversammlung und Rechnungslegung

Bis Ende des 17. Jahrhunderts scheint die gesamte Jacoby-Bürgergilde 2x im Jahr getagt zu haben. Denn nach der Gilderolle von 1647 hatten alle Gildebrüder mit ihren Frauen sowohl am Himmelfahrtstag als auch am 25. Juli, dem Tag des heiligen Jakobus, zur Gildeversamm-lung zu erscheinen. An beiden Tage war ein „christlicher Psalm" zu singen und ein Dankgebet zu sprechen. Danach wurde von den Vorstehern Rechnung gelegt und die rückständigen Gildebeiträge eingefordert. Gemäß Ziffer 9 der Gilderolle haben alle Gildebrüder fällige Beiträge unbedingt an den „verordneten Tagen" der Gildeversammlung zu entrichten, damit der Gilde keine zusätzlichen Kosten entstehen.

Generalversammlung
Gildebieranstich 1996

Die Gildebierverprobung

Bier gehörte im Mittelalter zusammen mit dem Brot zu den Grundnahrungsmitteln. Es wurde anfangs zumeist von der Hausfrau gebraut. Das Brauen stand gleichberechtigt neben dem Backen. Einen Tag wurde gebacken, den anderen Tag gebraut. Wie im Märchen Rumpelstilzchen der Gebrüder Grimm: „Heute back ich, morgen brau ich." Das Bier hatte damals einen wesentlich geringeren Alkoholgehalt. so dass es von der ganzen Familie und verdünnt auch von den Kindern getrunken werden konnte.

Kein Wunder, dass Bier auch bei den Gildeversammlungen und Gildefesten hauptsächlich getrunken wurde. In den Anfangstagen des Brauens wurden noch nicht nur Hopfen und Malz vergoren wurden, sondern auch Getreidebrei, Hafer, Weizen oder Gerste. Manchmal wurden dem Bier auch Kräuter beigemischt, um das Aroma oder die betäubende Wirkung zu erhöhen.

Der Gildeball

Zu allen Zeiten war es in der Gilde üblich, auch die Gildeschwestern in das Gildeleben mit einzubeziehen. Das geschah früher und heute durch den Königstanz zum Abschluss des Vogelschießens. Darüber hinaus ist in den Protokollen des 19. und 20. Jahrhundert reglemäßig von gemeinsam mit den Gildeschwestern durchgeführten Ausflügen und Tanzvergnügen die Rede. In den letzten Jahrzehnten hat sich der „Gildeball" eingebürgert, der immer in den Jahren stattfindet, in denen nicht nach dem Vogel geschossen wird. Das Motto des Balles wird vom jeweiligen König der Gilde bestimmt. Nach einem festlichen Menue wird getanzt bis in den frühen Morgen.

Der Gildeball
Gildefrühstück

Herrenessen, Gildebrunch, Tannenbaumschlagen

Neben Vogelschießen, Generalversammlung und Gildeball hat es stets weitere Veranstaltungen der Gilde für ihre Gildebrüder und Gildeschwestern gegeben. Waren es früher zum Beispiel „plattdeutsche Abende" und Vorträge und Bierabende haben sich heute, das alljährliche Herrenessen, zu dem regelmäßig auch Vertreter der Stadt und der Wirtschaft eingeladen werden, der Gildebrunch, der im Wechsel mit dem Gildeball alle zwei Jahre stattfindet, und das Tannenbaumschlagen, zu dem sich die ganze „Gildefamilie" einfindet, als regelmäßige Gildetermine etabliert. Alle Zusammenkünfte dienen dem gegenseitige Kennenlernen neuer Gildemitglieder, der Pflege der Freundschaft und des Zusammenhalts der Gilde.

Soziales und gesellschaftliches Engagement

Die Gildebrüder waren und sind nicht nur zur gegenseitigen Hilfe verpflichtet, sondern sind sich auch immer ihrer sozialen Verantwortung bewusst gewesen. Noch heute wird bei der Generalversammlung und dem Herrenessen regelmäßig für „verschämte Arme“ gesammelt. In den noch vorhandenen Unterlagen erscheint dieser Ausdruck erstmalig 1847.Der Gildeschreiber vermerkt, dass  die seit 1725 an den jeweiligen König der Gilden vom Landesherrn ausgezahlten 16 Taler vom König der Bürgergilde an verschämte Arme gespendet worden sind. 1896 heißt es im Protokoll der Generalversammlung der Jacoby-Bürgergilde: „Nachdem die Vorgenannten (neu aufgenommene Gildebrüder) noch ein Scherflein in die Armenbüchse gestiftet hatten, wurde der Bestand derselben mit 21 M 23 Pf. festgestellt.“  Wie aus Protokollen und Kassenberichten hervorgeht, wurde bis 1938 das Geld aus der Armenbüchse an das städtische Armenhaus gespendet.

 

Spende für die Friedhofsmauer